Dienstag, 19. März 2019

La Embera Quera

Die erste Schulwoche ist schon wieder vorbei und ich habe mich sehr gefreut, die Kinder wieder zu sehen. Dieses Jahr haben wir sogar 36 Vorschulkinder, mich erwartet also einiges an Arbeit. Für den Sonntag hatte unser Local (dessen Zusammenarbeit mit uns ich echt loben muss) einen Ausflug mit Schülern der Universität geplant. Wir sind also um vier Uhr morgens aufgestanden, haben uns in den Bus gesetzt und sind losgefahren. 
Ziel war Colon, welches westlich von Penonomé und fast an der Karibikküste liegt. Dort sind wir in Holzkanus umgestiegen und wurden über einen Fluss und den See Gatún, der Teil des Panamakanals ist, gefahren. Als wir unser Ziel erreicht haben, sind mir fast die Augen aus dem Kopf gefallen, vor uns lag ein Dorf der indigenen Uhreinwohner der Biabua, Embera Quera genannt.
In Panama gibt es sieben verschiedene indigene Völker, die über das Land verteilt in autonomen Comarcas Leben. Die Embera, die wir besucht haben, besteht aus 20 Familien und insgesamt 87 Mitgliedern. Sie entstammen eigentlich der Provinz Darien, dem westlichsten Teil des Landes, der sich bis zur Grenze Kolumbiens erstreckt. Sie sind aus mehreren Gründen umgezogen, zum einen kann in Darien, wo noch viele Drogen- und Bandenkriege stattfinden, keine Sicherheit gewährt werden. Zum anderen wollen sie den Kindern eine Möglichkeit zur Schulbildung geben, viele der Jugendlichen besuchen nach der Schule eine Universität in Panama Stadt. Und als letztes haben sich sich aus ökonomischen Gründen näher an der Stadt angesiedelt, denn inzwischen finanzieren sie sich zu 100 Prozent durch Turismus. 

Wir wurden von dem sogenannten zweiten Noko empfangen, so wird der Chef der Community genannt. Er oder sie wird gewählt, indem sich die anderen Mitglieder in Schlangen vor die Kandidaten stellen und derjenige mit der längsten Schlange gewinnt. Von ihm haben wir viel über das Leben des indigenen Volkes erfahren, in dem zwar alle Spanisch sprechen, das jedoch seine eigene Sprache hat. In ihrer Kultur gilt man mit 12 als erwachsen und fängt neben der Schule an zu arbeiten, ab 14 kann schon geheiratet werden. Es wird aber nicht innerhalb der Familien geheiratet, sondern zwischen anderen Stämmen des gleichen Volkes. 
Die Häuser, die wie aus einem Flmset aussehen, werden in drei bis vier “Monden" gebaut und alle Materialien dürfen auch nur gesammelt werden, wenn der Mond zu sehen ist. Die Dächer werden aus speziellen Palmenblättern gedeckt, die es allerdings nur in Darien gibt. Daher wurden sie für 50ct das Stück gekauft, klingt wenig – das größte Dach besteht aber aus 12.000 Blättern. 

Anschließend wurden wir von einem älteren Mann durch das Dorf geführt, was wie ein klrines Paradies inmitten von wunderschöner Natur liegt. Er hat uns sowohl die kleine Grundschule gezeigt, als auch auf einer selbstgebauten Holzflöte vorgespielt. Danach hat er uns verschiedene Pflanzen erklärt, die er gegen jegliche Krankheiten einsetzt. Er hat uns zum Beispiel erzählt, dass eine bestimmte Zubereitung von junger Ananas die Augen seiner Mutter geheilt hat, sodass sie sehen konnte, bis sie mit 110 Jahren gestorben ist. Die Rezeptur dafür hat er zum Mitschreiben diktiert.
Abgesehen davon gab es eine Pflanze, die Regelschmerzen heilt (hier waren alle Mädchen plötzlich ganz aufmerksam) und eine mit dem Namen "Viagra natural" (hier wurden die Kerle ganz rot). 
Danach durften wir uns weitere im Dorf umschauen, man konnte Souvenirs kaufen oder sich ein Tattoo aufmalen lassen, mit denen sich die Indigenen zum Teil den ganzen Körper bedecken. Es wurde an einem Kanu gebaut, woran bis zu acht Männer arbeiten - Holz wird als Material der Männer gesehen - und uns wurde gezeigt, wie Frauen aus gefärbten Palmfasern Schalen und Vasen knüpfen. Es gab auch frittierten Fisch mit Platanobanane zu essen, das in Bananenblättern serviert wurde. 
Nachdem ich mich mit ein paar Mädchen unterhalten habe, durfte ich auch ihre Kleidung anprobieren, die aus einem Tuch, das als Rock gebunden wird, und einem Oberteil aus Perlen mit Münzen daran besteht. Schuhe werden in dem Dorf eigentluch nie getragen. Ich habe mich in der Kleidung sehr besonders gefühlt und wurde, nachdem mehrere Tänze aufgeführt wurden, gleich eingeladen mitzutanzen. 
Gegen Ende haben wir uns immer besser mit den Jugendlichen verstanden. Am Anfang wusste man nicht genau, wie man sich ihnen gegenüber respektvoll verhalten soll, doch mit der Zeit haben wir gemerkt, dass sie die gleichen Interessen haben wie wir, sodass wir uns irgendwann über Musik und Fußball unterhalten haben. Es hat sich auch herausgestellt, dass einer der Jugendlichen für ein Jahr mit AFS in den USA war, was uns echt überrascht hat. Gleichzeitig haben wir uns überlegt, wie es wäre, als AFSer in so einem Volk plaziert zu werden. Ich wäre für so ein Abenteuer allemal bereit! Abgeschlossen wurde der wunderschöne Tag von einem gemeinsamen Volleyballspiel mit Panameños, Biabuas, zwei Deutschen und einem Dänen. Interkultureller geht wohl nicht. Und bevor wir gegangen sind kam noch eines der Mädchen zu mir und hat mir Perlenohrringe geschenkt, was mich besonders gefreut hat!

Ich habe in der Embera einen der interessantesten Tage hier in Panamá verbracht und fand es auch wirklich wichtig, über die indigene Kultur zu lernen, da man immer wieder Indigene in Städten sieht, sich aber nie wirklich anzunähern traut. 
Falls jemand Panama besuchen wird, kann ich so einen Ausflug nur empfehlen! 

Bis dann
Eure Sara

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